Tauschblog: 10 Fragen an Mag. Norbert Gabriel

Geschrieben von: Voice. Veröffentlicht in TauschBlog – kon-sens. Ein Blog über die Hörgerätebranche

Mag. Norbert Gabriel

Geschäftsführer GN ReSound AG (Schweiz) und GN ReSound Hörtechnologie GmbH
(Österreich)

Die 10 Fragen

KON|SENS: Was führte Sie in die Hörgerätebranche?

NG: Eigentlich eine Art „beruflicher mid-life crisis“. Ich wollte mit
Produkten und Märkten zu tun haben, die Sinn machen und Menschen wirklich
helfen können.

KON|SENS: Fühlen Sie sich wohl in der Branche?

NG: Ja, absolut. Sie ist interessant, eine tolle Verbindung von
(medizinischer und technischer) Forschung und herausfordernden
Marktsituationen. Darüber hinaus habe ich die Gelegenheit bekommen, sowohl
unsere Schweizer, als auch unsere Österreichische Töchterunternehmen zu
leiten. Dies ist schon im Vergleich spannend.

KON|SENS: Was denken Sie über die vergangenen politischen Diskussionen ums
Hörgerät?

NG: Genau da sehe ich das Problem. Zuviel Politik. Der Sparwunsch der
Regierung ist grundsätzlich legitim, die Diskussion und das Resultat
berücksichtigen jedoch – meiner Meinung nach – die international erwiesenen
Fakten der Hörgeräteversorgung nicht ausreichend.

KON|SENS: … die Pauschalvergütung?

NG: Dagegen ist grundsätzlich kaum etwas einzuwenden. Ähnliche Systeme
funktionieren in anderen Ländern auch.

KON|SENS: … den Verzicht der Qualitätssicherung von Seiten BSV?

NG: Das meinte ich auch unter „zu viel Politik“. Die Faktenlage, sowie die
Komplexität und Zeitaufwendigkeit einer ordentlichen Hörgeräteversorgung,
die solide Ausbildung von Hörgeräteakustikern und die Qualität der
Ausrüstung – somit die Qualität der Arbeit an und mit Hörgeschädigten,
scheint doch gefährdet. Die Schweiz scheint sich dadurch – sehr überraschend
– von den Qualitätsbemühungen, die die internationalen (audiologischen)
Gremien in Europa diskutieren, zu entfernen. Leider scheint die Grundhaltung
durch vorgefasste Meinungen bzw. Erfahrungen (Hörgeräteversorgung der Eltern
und Grosseltern) negativ beeinflusst zu sein. Gerade während der letzten 5
Jahre hat sich auf dem Gebiet der Hörgeräte sehr viel sehr positiv (für den
Hörgeschädigten) geändert.

KON|SENS: Werden Hörgeräteakustiker bald überflüssig?

NG: Wir als Hersteller und Grosshändler von Hörgeräten sehen einfach in
unserem täglichen Leben – u.a. bei der Unterstützung der Hörgeräteakustiker
– den enormen Vorteil, mit Partnern kommunizieren zu können, die fundiert
ausgebildet sind. Andererseits denke ich, dass die Komplexität der
Versorgung von Hörbeeinträchtigten sich eben auch nicht nur in rein
technischen Fragen erschöpft und viele andere Aspekte, die in der
Persönlichkeits-Sphäre liegen, mindestens eben so wichtig sind. Die
Ausbildung von Hörakustikern ist eine solide Fachqualifikation. In vielen
Ländern ausserhalb des deutschen Sprachraumes (wo die Lehrausbildung im
Vordergrund steht), ist die Ausbildung zum Audiologen sogar universitär!

KON|SENS: Haben Sie Pläne, Hörgeräte in anderen Vertriebskanälen, fern der
Hörgeräteakustiker, zu vertreiben?

NG: Solche Pläne haben wir zum heutigen Zeitpunkt keine. Ich denke, dass die
Hersteller/Grosshändler derzeit gar nicht darauf eingerichtet sind, mit
nicht-Hörakustikern zu kommunizieren. Wenn man z.B. über ein
Rückkoppelungsmanagementsystem spricht bzw. schult, sollte man wissen, was
das eigentlich ist und was die Probleme sind. Und das ist ein simples
Beispiel.

KON|SENS: oder selbst an Endkunden zu vertreiben?

NG: Auch diesbezüglich haben wir zum heutigen Zeitpunkt keine Pläne.

KON|SENS: Was ist Ihnen Lieber: freier Markt oder öffentliche Ausschreibung?

NG: Es gibt weltweit Länder, die solche Systeme haben. Im Prinzip
widerspricht eine Ausschreibung (in der Art, über die wir hier reden) einer
marktwirtschaftlichen Ordnung. Viele Länder, die ein solches System haben,
weisen auch ziemlich lange Versorgungs-Wartezeiten für Hörgeschädigte auf.
Darüber hinaus schreitet die technische Entwicklung auf diesem Sektor rasch
voran. Jedes Jahr bringt jeder Hersteller neue, sinnvolle Entwicklungen auf
den Markt. Bei Ausschreibungen bedeutet das dann meist eine verzögerte
Einführung.

KON|SENS: Was wünschen Sie sich von den Hörgeräteakustikern für die Zukunft?

NG: Die Aufrechterhaltung einer qualitativ hochwertigen Versorgung der
Bevölkerung mit Hörgeräten. Sowohl im Sinne einer höheren Lebensqualität der
Betroffenen, als auch im Sinne einer längeren Produktivität im
Geschäftsleben, was unseren Staaten (mit niedrigen Reproduktionsraten und
steigender Lebenserwartung) zugute kommt. Vermutlich sollte es auch eine
deutlich bessere und objektivere Information der Bevölkerung durch
Industrie, ORL-Ärzte und Hörakustiker geben.

Besten Dank an Mag. Norbert Gabriel für das Interview.

Erschienen am 18.10.2011 auf www.kon-sens.net

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